Wir Liberale erkennen an, dass im Leben die diversen Biografien, diversen
Lebensentwürfe, diversen Bildungsverläufe und berufsspezifische Umwälzungen dazu
führen können, dass man später im Leben lange nach abgeschlossener Erstausbildung und
mit Familie bzw. Kindern eine Umschulung in Betracht ziehen muss oder eine
Neuqualifizierung beginnen muss, wenn die eigene Ausbildung so lange her, dass es sie
gar nicht mehr gibt oder das Berufsbild so starken Veränderungen unterliegt, dass
eine Umschulung keinen Sinn ergibt. Auch die körperliche Beanspruchung vieler Berufe
ergibt einen solchen Bedarf später im Leben. Die resultierenden Sonderbedarfe in
solchen Sondersituationen erkennen wir an.
4.1. — Finanzierung einer zweiten Ausbildung tatkräftig unterstützen
Den Finanzierungsbedarf während einer solchen zweiten Ausbildung später im Leben
möchten wir daher stärken und positive Anreize setzen: Wir wollen den Zugang zur
Berufsausbildungsbeihilfe vereinfachen und sie öffnen für einen zweiten
Ausbildungsweg. Bei Bezug von Sozialhilfe/Bürgergeld fordern wir einen abzugsfreien
Bonus für Azubis. Der Bonus muss bei Abbruch der Ausbildung zurückgezahlt werden, um
Ausnutzung zu verhindern. Daneben braucht es für uns höhere Vermögensfreibeträge als
bisher, da der Absicherungsbedarf im höheren Alter größer ausfällt, und die
Abschaffung der Pflicht zur Auflösung von privater Altersvorsorge u.ä. bevor man
Berufsausbildungsbeihilfe oder Bürgergeld beziehen darf. Gerade im fortgeschrittenen
mittleren Alter entsteht sonst die Gefahr einer Altersarmut, obwohl die betroffene
Person aktiv vorgesorgt hat. Auch die Möglichkeit zur berufsbegleitenden Ausbildung
in Teilzeit wollen wir hier erneut hervorheben.
4.2. — Eltern in Ausbildung entlasten
Für Eltern, die sich in ihrer Ausbildung befinden, braucht es umfangreiche
Entlastungen. Priorität hat, ein oder beide Elternteile trotz der
Betreuungsintensität, die ein Kind benötigt, nicht aus der Ausbildung zu verlieren.
Viele Eltern berichten von der Unvereinbarkeit einer Ausbildung mit Familie.
Wir fordern daher die Betreuungsgebühren für Kinder äquivalent zu den Empfängern von
Bürgergeld vollständig zu erlassen, solange ein oder beide Eltern in Ausbildung sind.
Dies gilt auch, wenn unverheiratete Paare glaubhaft versichern können, dass ein
Elternteil die Familie mit dessen Erwerbseinkommen finanziell trägt und das andere
Elternteil kein Erwerbseinkommen beitragen kann. [Fußnote 4.2] Für diese Entlastung
kann es eine Einkommensobergrenze geben.
Über das bereits bestehende Sozial- und Teilhabegesetz fordern wir weitere, neu zu
schaffende Teilhabemöglichkeiten für Kinder von Eltern in Ausbildung, z.B. für
Ferienlagerteilnahme, und für Eltern in Ausbildung für Nachhilfestunden,
Brückenkurse, Büchergeld o.ä. Diese Forderungen entsprechen unserer grundlegenden
Forderung des Bildungsgutscheinesystems (Rucksackprinzip).
Außerdem bekräftigen wir hier noch einmal die Notwendigkeit alle Ausbildungen in
Teilzeit zu ermöglichen und Berufsschulunterricht (Theorieanteil) bei Bedarf
vollständig digital anzubieten.
Kapitel 5 — Was wird ausgebildet — Inhalte und Titel der Ausbildungen
Wir erleben (bekannte und sehr beliebte) Ausbildungen, deren letzte
Prüfungsverordnung 1998 beschlossen wurde. [Fußnote 5.1] Das empfinden wir als
untragbar. Wenn der deutsche Arbeitsmarkt Schritt halten möchte gegenüber den
umfassenden Umwälzungen in der Arbeitswelt, muss auch die Aktualität einer jeden
Ausbildung damit Schritt halten.
5.1. — Evaluation der Ausbildungsinhalte
Wir fordern daher, dass die Inhalte der Ausbildungen alle 3 bis spätestens 5 Jahre
evaluiert und am aktuellen Stand der Branchen gemessen und angepasst werden. Dabei
unterschieden wir nicht, ob die Ausbildungen durch die Kammern, staatliche Stellen
oder private Träger abgenommen werden.
5.2. — Zusammensetzung der Ausbildungs-Evaluationen
Zur Evaluation schwebt uns die Aufstellung ständiger Ausschussgruppen aus
Berufsexperten, Pädagogen, Sozialpartnern und Ministerialbeamten aus den
Prüfungsordnungsstellen vor. Diese Ausschüsse stehen in ständigem, inhaltlichen
Austausch mit den jeweiligen Branchenvertretern und gewährleisten damit einen
inhaltlichen Kurzschluss in die Prüfungsordnungen der Berufsbezeichnungen. [Fußnote
5.2]
Kapitel 6 — Bildungsschwerpunkt Berufsschulen
Wo ausgebildet wird, muss die Ausstattung stimmen.
6.1. — Schulsanierungen — größerer Stau als auf der Autobahn:
Unsere Berufsschulen sind ebenso wie alle anderen Schularten im Land marode,
energetisch oder digital oder vollständig sanierungsbedürftig. Der Investitionsstau
im Land geht in die Milliarden. [Fußnote 6.1.1] Wir fordern daher die Aufstockung in
einem Nachtragshaushalt und die Verstetigung des Budgetrahmens für Schulsanierungen
von mindestens 0,5 % des Gesamthaushaltes des Landes. [Fußnote 6.1.2] Die
Finanzierung wird aktuell zum allergrößten Teil den Kommunen überlassen. Gerade in
Kommunen ohne viel finanziellen Spielraum bedeutet eine solche Sanierung eine
haushälterische Extrembelastung. Die Finanzierungsform muss daher neu austariert
werden und das Land stärker bezuschussen, bei Förderantragstellung und -bewilligung
nämlich mindestens 30 %. Förderanträge aus verschiedenen Landesfördertöpfen,
Bundesförderprogrammen, EU-Förderungen, usw. müssen miteinander kombinierbar sein.
[Fußnote 6.1.3]
6.2. — Schulrenovierungen:
Gleiches gilt für Renovierungen, deren Höhen die Haushaltsrahmen der jeweiligen
Kommunen empfindlich überschreiten.