Präambel
Die Fähigkeit zu sprechen und sich schmerzfrei zu bewegen, gehört zu einer guten
Lebensqualität. Liegen in diesen Bereichen Einschränkungen vor, wird ein Besuch beim
Logopäden, Physiotherapeuten oder Ergotherapeuten notwendig. Diese Berufsgruppe ist
allerdings nicht nur da, wenn Einschränkungen vorliegen. Ihr Tätigkeitsbereich
umfasst die Prävention, Akutbehandlung, sowie die Nachbehandlung. Sie sind also vor,
während und nach dem gesundheitlichen Ereignis da. Aufgrund des eklatanten
Fachkräftemangels sind Therapieangebote oftmals schwer erhältlich oder fehlen gar
völlig. Außerdem sehen sich Therapeuten bis heute fachlichen Vorurteilen gegenüber
gestellt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Die Jungen Liberalen wollen Vorurteilen
entgegentreten und eine bestmögliche Versorgung für Betroffene gewährleisten. Um dies
zu erreichen, reichen die bisherigen Lippenbekenntnisse und halbherzigen Maßnahmen
nicht aus. Es benötigt konkrete und effektive Maßnahmen zur Verbesserung der
aktuellen Versorgungslage für Menschen mit Einschränkungen im Heilmittelbereich.
Kindertagesstätten und Schulen
Sprachliche sowie motorische Auffälligkeiten werden leider bis heute zu spät
festgestellt.
Wir fordern für Bildungseinrichtungen daher ein verpflichtendes Vorgehen zur
Feststellung von Auffälligkeiten, um eine angemessene Unterstützung gewährleisten und
eine bei Bedarf ambulante Versorgung einleiten zu können. Hierfür fordern wir ein
interdisziplinäres Expertengremium mit Vertretern aus Pädagogik, Medizin,
Heilmittelerbringern und bei Bedarf auch Psychologie. Außerdem sollen in den
Kindertagesstätten ab dem 3. Lebensjahr jedes Jahr Sprachstandserhebung durchgeführt
werden und der motorische Entwicklungsstand dokumentiert werden.
Für Erzieher und Lehrer sollen Fort-und Weiterbildungen angeboten werden, um
sprachliche und motorische Defizite besser feststellen zu können und die Kinder
fachlich bestmöglich zu unterstützen.
Ambulante Therapie und stationäre Klinikaufenthalte
Nach klinischen Aufenthalten kommt der Nachbetreuung ein außerordentlicher
Stellenwert zu, um therapeutische Erfolge langfristig zu sichern. Deswegen fordern
wir ein besseres, abgestimmtes Entlassmanagement, welches den Übergang zwischen
stationärer und ambulanter Behandlung in beide Richtungen sicherstellt. Hierunter
fallen beispielsweise, die Suche nach einem ambulanten Therapieplatz. So kann der
stationär erreichte Behandlungserfolg langfristig gesichert und in den Alltag
transferiert sowie weitere Verbesserungen erzielt werden.
Versorgungssituation Stadt & Land
Um die Wartezeiten im Bereich der Logopädie, Physiotherapie, sowie Ergotherapie zu
reduzieren, soll der Einsatz der Videotherapie regelhaft ermöglicht werden. Damit
dies erreicht werden kann, wird eine hierfür abrechenbare Leistungsposition im
Heilmittelkatalog für entsprechende Diagnoseschlüssel eingeführt. Datenschutz und
Datensicherheit müssen hierbei entsprechend gewährleistet sein.
Um den ländlichen Raum zu stärken, braucht es Förderprogramme und Anreize, damit sich
in unterversorgten Regionen entsprechend Fachleute niederlassen.
Die Terminservicestellen sind flächendeckend auch für die Vermittlung von
Heilmitteltherapieplätzen auszubauen und für alle gängigen Kontaktwege (per E-Mail,
per Telefon, per Fax, postalisch, in Gebärdensprache) zu öffnen.
Ausbildung und Studium von Heilmittelerbringern
Um den steigenden Bedarf an Heilmittelerbringern zu decken, muss die Anzahl der
Studienplätze und Ausbildungsplätze erhöht werden.
Die pilotmäßig erprobten Studiengänge für Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie
sind in die Regelhaftigkeit zu überführen. Der Weg berufsbegleitend zu studieren
soll möglich bleiben, um den verschieden Lebenssituationen der Lernenden gerecht zu
werden. Die Schulgeldfreiheit bei der Ausbildung wollen wir beibehalten. Bei der
Gegenfinanzierung unterstützt der Bund. Des Weiteren sollen in die Ausbildung der
Physiotherapeuten für die Berufsausübung erforderliche Zertifikate, in die Ausbildung
integriert werden.
Sämtliche Ausbildungsgänge sollen inhaltlich besonders in den Bereichen Wissenschaft
und Forschung, sowie Abrechnung reformiert werden, damit in Zukunft evidenzbasierter
gearbeitet werden kann. Der Lehrplan wird auf seine Aktualität überprüft und an
entsprechenden Stellen überarbeitet.
Der Berufsabschluss wird nach 10 Jahren Berufserfahrung dem Bachelor gleichgestellt.
Um die Mündigkeit von Betroffenen zu fördern und therapeutische Einrichtungen zu
entlasten, sollen Selbsthilfegruppen finanziell gestärkt werden.
Abbau von Vorurteilen und Prävention
Wir fordern eine umfangreiche Kampagne durch die BZgA zur Aufklärung über die
tatsächliche Arbeit der Berufsgruppe der Heilmittelerbringern um etwaigen Vorurteilen
vorzubeugen.
Zur Prävention von Besuchen beim Physiotherapeuten und Logopäden soll es ein
entsprechendes Programm erarbeitet werden, um die Bewegung von Kindern und
Erwachsenen zu fördern und eine entsprechende Kampagne gestartet werden, um Eltern
aufzuklären, wie die Kinder zu Hause am besten sprachlich gefördert werden können.
Rahmenbedingungen
Die JuLis begrüßen die bereits eingeführten Reformen zu den Verhandlungen mit dem
GKV. Diese müssen allerdings auch in die Praxis umgesetzt werden und können lediglich
ein erster Schritt in die richtige Richtung sein .
1.) Die Leistungsposition für Therapieberichte in der Logopädie begrüßen wir. Die
inhaltliche Ausrichtung des dafür eingeführten Musters, gehört allerdings an die
fachlichen Anforderungen von Ärzten und Therapeuten angepasst.
2.) Der Heilmittelkatalog wird regelmäßig auf seine Aktualität geprüft und
entsprechend entrümpelt.
4.) Die Blankoverordnung wird, sofern erfolgreich, nach der Pilotphase für die
entsprechenden Leistungspositionen regelhaft eingeführt.
5.) Ein Direktzugang zu Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Podologie soll in
einer Pilotphase erprobt werden und bei Erfolg in die Regelhaftigkeit überführt
werden. Hierfür sind die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen zu klären und
entsprechend anzupassen.
6.) In Zukunft soll es im gemeinsamen Bundesausschuss jeweils zumindest eine
beratende Funktion für Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie und Podologie geben,
damit diese Berufsgruppen eine Stimme in diesem Gremium haben.
7.) Die interdisziplinäre Arbeit zwischen Medizin, Logopädie, Ergotherapie,
Physiotherapie und Podologie soll noch stärker gefördert werden.
Zusammenarbeit mit der Medizin
Oftmals werden Verordnungen sehr spät oder gar zu spät ausgestellt, weil geglaubt
wird, dass sich die Auffälligkeiten rauswachsen. Das ist in den meisten Fällen leider
nicht der Fall. Für Ärzte sollen deshalb Fortbildungen angeboten werden, damit das
fachliche Wissen freiwillig im Bereich Sprachentwicklung und motorische Entwicklung
auf dem aktuellsten Stand bleibt und erweitert werden kann.
Um die nachhaltige, gesundheitliche Sicherung der Patienten sicherzustellen, fordern
wir eine engere Zusammenarbeit zwischen Ärzten/Chirurgen und
Physiotherapeuten/anderen Heilmittelerbringern wie Orthopädietechnikern.
In diesem Zug wollen wir die Finanzierung von Operationen so ändern, dass diese nur
noch dann durchgeführt werden, wenn sie auch wirklich notwendig sind. Wir fordern in
diesem Zusammenhang die Beurteilungshoheit bei den behandelten Ärzten und
Therapeuten.
Selbstverwaltung
Der Einrichtung einer Therapeutenkammer stehen wir grundsätzlich offen gegenüber. Die
Aufgaben und Zuständigkeiten einer solchen Kammer müssen aber klar und deutlich
definiert sein. Außerdem fordern wir regelmäßige Wahlen des Vorstands einer solchen
Kammer, sowie ein entsprechendes Mitspracherecht der Mitglieder beispielsweise durch
Mitgliederbefragungen.
Bürokratieabbau
Der Bürokratieaufwand der Heilmittelerbringer ist viel zu hoch.
Entsprechend möchten wir die Zeit am Patient steigern indem wir Barrieren abbauen.
- Möglichst schnelle Digitalisierung von Abrechnungen und Rezeptänderungen
- Die Verantwortung zur Prüfpflicht soll auf den Prüfstand gestellt werden,
solange es keinen Direktzugang gibt - Die Verordnungssoftware der Ärzte soll regelmäßig überarbeitet werden, damit
weniger Verordnungen falsch ausgestellt werden.
Pandemische Sonderstellung
Um in den Bereichen der Physio- sowie Ergotherapie erfolgreiche Therapieziele auch in
pandemischen Lagen gewährleisten zu können und den Besuch beim Physiotherapeuten
zukünftig zu vermeiden, sollen künftig zertifizierte Schwimmbäder sowie
Fitnessstudios geöffnet bleiben.
Gültigkeitsdauer: 10 Jahre