01.01.1980

Schäubles Jugendkriminalität – Gegen die Haltung des Innenministers Schäuble zur Jugendkriminalität

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg distanzieren sich von den Äußerungen des Innenministers Thomas Schäuble zur Jugendkriminalität.

Mit Äußerungen wie „Jugendliche brauchen zur richtigen Zeit einen Schuß vor den Bug!“ läßt sich ein so diffiziles Problem wie die Jugendkriminalität nicht lösen. Die Jungen Liberalen halten nichts von der pauschalen Forderung, straffällig gewordene Jugendliche in geschlossene Anstalten einzuweisen, denn Jugendkriminalität hat viele verschiedene Ursachen. Es geht darum, diese Ursachen zu erkennen, um eine erfolgreiche Prophylaxe daraus zu entwickeln. Eine restriktive Law – and – order – Politik hat zu keiner Zeit vermocht, die Kriminalitätsrate zu senken. Auch unter lernpsychologischen Gesichtspunkten machen negative Konsequenzen nur unter gewissen Voraussetzungen Sinn. So sollte die Konsequenz für eine Straftat direkt auf diese folgen, denn es macht für einen Jugendlichen wenig Sinn, vor Gericht für eine Tat verurteilt zu werden, die schon längere Zeit zurückliegt. Der Jugendliche hat dann den Bezug dazu verloren. Einrichtungen wie das „Projekt Handschlag“ geben die Möglichkeit, schnell auf eine Straftat zu reagieren.

Beim „Projekt Handschlag“ werden zwischen dem straffälligen Jugendlichen und dem Geschädigten ohne Gerichtsverhandlung mit dem Staatsanwalt Arbeitsstunden vereinbart. Die Anzahl der Stunden wird je nach Straftat unterschiedlich festgelegt und muß in einer sozialen Einrichtung abgeleistet werden. Außerdem hat ein solches Vorgehen den Vorteil, daß sich Täter und Opfer unmittelbar gegenüber sitzen, was für beide Seiten, insbesondere aber für den Täter, sehr heilsam sein kann. Diese Vereinbarungen sind dann zwar aktenkundig, die Jugendlichen sind aber nicht vorbestraft.


Das „Projekt Handschlag“ muß unbedingt fortgeführt und ausgebaut werden.

Die Lebensqualität von Jugendlichen verschlechtert sich zunehmend. Für die meisten Familien besteht inzwischen die Notwendigkeit der Berufstätigkeit beider Elternteile. Daraus ergibt sich die Konsequenz, daß Eltern ihrer Erziehungspflicht nicht mehr nachgehen können. Die Jugendlichen suchen sich dann einen Ersatz außerhalb der Familie. Die Zahl der Alleinerziehenden wächst. Die Folge kann dieselbe wie die oben genannte sein.Wenn Jugendliche in ihrer Familie nicht mehr zurechtkommen, brauchen sie andere Ansprechpartner. Diese finden sie oft bei Streetworkern oder bei Sozialpädagogen in Jugendhäusern. Solche öffentlichen Räume bzw. Frei räume für Jugendliche werden wegen knapper Kassen zunehmend eingeengt.


Der Erhalt von Jugendhäusern und mobilen Beratungsstellen (also Streetworkern) muß nach Auffassung der Jungen Liberalen ein Teil der Bekämpfung der Jugendkriminalität sein.

Zugunsten des Bildungsauftrages der Schulen wird deren Erziehungsauftrag vernachlässigt. Wenn Lehrer diesem Auftrag nicht mehr nachkommen können, muß statt dessen die Schulsozialarbeit gefördert werden. Der Konsumdruck auf Jugendliche wird immer größer. Viele Jugendliche können diesem Druck nicht standhalten und rutschen in die Kriminalität ab. Bevor Jugendliche einen Schuß vor den Bug bekommen, sollten die Erwachsenen zur richtigen Zeit einen solchen bekommen, auch um sich ihrer Verantwortung für die Jugendlichen bewußt zu werden, denn Jugendkriminalität ist eines der Symptome einer vernachlässigten Generation.

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