08.11.2023

Zeit, dass sich was dreht – Für eine Kreislaufwirtschaft der Zukunft

Obwohl die Verwertung von Müll in Deutschland immer effizienter wird, stellt die
 aktuelle Recycling-Praxis die Umwelt weiterhin vor Herausforderungen. Gleichzeitig
 werden wertvolle Ressourcen nicht erneut verwendet, was zu einem unnötigen Verbrauch
 und einer Verschwendung von Materialien führt.

 Während das Recycling aus unserer Sicht weitestgehend privatwirtschaftlich erfolgen
 sollte, sehen wir es als staatliche Aufgabe, Rahmenbedingungen dafür zu setzen, um
 Ökonomie und Ökologie zu vereinen und klare Richtlinien zu schaffen. Perspektivisch
 wollen wir eine sog. Kreislaufwirtschaft erreichen, in der alle hergestellten
 Produkte vollständig verwertet werden können.

 Reform der Abfallgebühren

 Durch die kommunale Zuständigkeit der Abfallwirtschaft auf Landkreisebene wird eine
 regionale Differenzierung der zum Teil stark voneinander abweichenden Abfallmengen
 und -arten ermöglicht. Die Gebührensatzungen der Landkreisebene unterliegen jedoch
 nicht einheitlichen Standards, sodass aus Verbrauchersicht oft nicht klar ersichtlich
 ist, wie sich die Abfallgebühr konkret zusammensetzt.

 Als Junge Liberale setzen wir uns für bundesweit verbindliche Standards ein,
 Abfallwirtschaftssatzungen verbraucherrechtlich einheitlich und transparent zu
 gestalten. Daher wollen wir:

  •  Anreize schaffen, dass Bürger Rest- und Bioabfall voneinander trennen
  •  Weiterhin eine privatwirtschaftliche Ausgestaltung der Abfallentsorgung und
     damit -gebühren befürworten und ermöglichen, aber die Gebührenstruktur
     vereinheitlichen, um planbare Kosten für alle zu ermöglichen
  •  Den Flickenteppich der Mülltrennung auflösen, da dies ein Relikt vergangener
     Zeiten ist. Die aktuelle Landschaft der Entsorgungsunternehmen ermöglicht
     einheitliche Abfalltrennung für klare Anweisungen an die Bürger und
     Sortierungsprozesse der Entsorgungsunternehmen
  •  Strafen für falsche Trennung oder zu komplexe Mülltrennung ganz klar vermeiden,
     weil dies zu einer erheblichen Erhöhung von Restabfallmengen und damit
     Ersatzbrennstoffen (EBS) führt

 Umgang mit Bioabfällen

 Bioabfälle sind vielseitig einsetzbare Rohstoffe – je nach Zusammensetzung können sie
 als hauseigenen Kompost dienen, in Vergärungsanlagen zu Biogas oder Dünger
 verarbeitet oder einem Biomasseheizkraftwerk zugeführt werden. Im Sinne einer
 ganzheitlichen und technologieoffenen Energiegewinnung setzen sich die Jungen
 Liberalen daher für eine Ausweitung des verwertbaren Bioabfallaufkommens ein:

  •  Wir fordern die Landkreise auf, ihrer gesetzlichen Verpflichtung einer
     grundsätzlichen Trennung von Bio- und Restmüll nachzukommen, sofern sie diese
     nicht bereits anbieten
  •  In Ausnahme zur einheitlichen Regelung befürworten wir eine Wahlfreiheit auf
     Landkreisebene zwischen der Biotonne für jeden Haushalt und einem Sammelsystem
     für Bioabfälle. Das ist vor allem in Regionen relevant, in denen das Aufkommen
     von Bioabfall eher gering ist und eine verpflichtende Biotonne ökonomisch von
     Nachteil wäre. Im Sammelsystem muss jedoch gewährleistet werden, dass der
     vorgeschriebene Maximalanteil von Bioabfall im Restmüll nicht überschritten wird
  •  Bei der fachgerechten Mülltrennung setzen wir auf die Eigenverantwortung und
     kontinuierliche Informationsangebote und Aufklärungsmaßnahmen durch Bund, Länder
     und Kommunen. Wer über die Chancen und die gesellschaftlichen Gewinne der
     Bioabfallverwertung informiert ist, trägt mit Überzeugung zu einer
     funktionierenden Kreislaufwirtschaft bei. Maßnahmen wie denunziantische
     Nachbarschaftsüberwachung und “Mülldetektive” zur Kontrolle korrekter
     Mülltrennung lehnen die Jungen Liberalen ab

 Recyling von Bauabfällen

 Bauabfälle stellen eine der häufigsten Abfallarten dar. Daher wollen wir die
 Wiederverwertung von Bauabfällen optimieren und ihren Einsatz vereinfachen. Konkret
 fordern wir:

  •  Vereinfachung der seit 01.08.23 in Kraft getretenen Ersatz-Baustoff- und
     Bundesbodenschutzverordnung
  •  Die Abschaffung des neu eingeführten Recycling-Katasters (Schadstoffkataster)
     indem erfasst wird wo welcher RC-Baustoff eingebaut wurde
  •  Reduktion der Überwachungsvorschriften für Betreiber von Recyclinganlagen
  •  Einbauverbot für Recycling-Baustoffe in Wasserschutzzone 2, 3, 3a und 3b
     aufheben
  •  Einbau von Recycling-Baustoffen unabhängig der Bodenverhältnisse des Einbauortes
     zulassen
  •  Mehr Digitalisierung auf Seiten der Ämter. Hier ist der Aufbau einer digitalen
     Verwaltung sehr wichtig, dass jeder Antrag digital gestellt, bearbeitet und
     beschieden wird
  •  Anpassung der Abfall-Herarchie, sodass die Termischeverwertung wieder als
     Recycling zählt
  •  Verbot des Einmischens von Stoffen in Frischbeton, die das Recyceln des Betons
     später verhindern oder einen negativen Marktwert für das Recyclingmaterial
     erzeugen. (Autoreifen, Carbon, Kunstfasern, Hausmüll)

 Kennzeichnungspflicht auf Produkten

 Gehört der Joghurtbecher in die gelbe Tonne oder in die schwarze? Um das Recycling zu
 vereinfachen sollen auf Verpackungen, insofern es möglich ist, Hinweise dafür gegeben
 werden, in welchem Müll das Produkt recycelt werden muss. Dafür soll der bereits
 existierende Recycling-Code zu einem für Verbraucher verständlichen Symbolik
 vereinfacht und weiterentwickelt werden. Dies soll nur für Produkte gelten, die den
 Endkonsumenten ansprechen sollen.

 Stationen mit unverpackten Lebensmitteln

 Als Junge Liberale sehen wir in dem Konzept der “Unverpackt-Läden” einen relevanten
 Baustein zur Reduzierung von Verpackungsmüll im Food- und Non-Food-Bereich. Wir
 begrüßen daher eine Ausweitung von Unverpackt-Stationen im Lebensmitteleinzelhandel,
 um diese Einkaufsform stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken.

 Auf kommunaler Ebene setzen wir uns für die Verbesserung der Rahmenbedingungen von
 Unverpackt-Läden ein, beispielsweise durch geeignete Gewerbeflächen und gezielter
 Unterstützung durch die lokale Wirtschaftsförderung.

 Ausweitung des Pfandsystems

 Das Pfandsystem hat sich als probates Mittel erwiesen, die Wiederverwendung von
 Behältern zu verbessern. Dieses wollen wir optimieren. Wir wollen:

  •  Die Politik auffordern, aktiver auf neue Projekte wie Pfandsystem für
     Kosmetikverpackungen aufmerksam zu machen
  •  mehr Druck auf die Unternehmen der dualen Systeme ausüben, um die Verantwortung
     gerechter zu verteilen. Aktuell liegt die Last der Recyclingquoten gesetzlich
     faktisch ausschließlich auf den Verpackungsherstellern. Dies muss geändert
     werden, um den Herstellern den Druck etwas zu nehmen
  •  Pfandbeträge teilweise erhöhen, um Rückgabeanreize zu erhöhen

 Recyclinggerechtes Design

 Neben den Entsorgen und Recyclern stehen auch die Hersteller von Verpackungen in der
 Pflicht ihre Produkte so zu gestalten, dass eine Wiederverwertung vereinfacht wird.
 Daher fordern wir:

  •  Recyclingquoten und -abgaben pro Verpackung für die Hersteller daran koppeln,
     wie viele Materialfraktionen in der Verpackung verwendet werden – je mehr
     Fraktionen zukünftiger Abfall in einer Verpackung vorkommen, desto höher sind
     die Abgaben für sie. Diese Skalierung muss natürlich an den technischen Status
     Quo gekoppelt werden: Wir können nicht verlangen, Joghurt ausschließlich in
     unbehandeltem Karton zu verkaufen.

 Neue Berechnungsgrundlage

 Bisher wird auf europäischer Ebene die Circular Material Use Rate (CMU) als Maßstab
 für die Kreislaufwirtschaft genutzt. Obwohl sie eine standardisierte und gut
 vergleichbare Messmethode ist, bildet sie die Kreislaufwirtschaft nicht komplett ab,
 da sie Verluste in der Sortierung und im Recycling, Verunreinigungen, Fehlwürfe, etc
 nicht herausrechnet. Die Jungen Liberalen fordern deshalb:

  •  Die zusätzliche Betrachtung der Substitutionsquote, die nur die Rezyklate, die
     tatsächlich zur Produktion neuer Güter wieder eingesetzt wird, betrachtet und
     damit genauer ist
  •  Die Schaffung einer robusten Datengrundlage auf allen Ebenen ab der
     Landkreisebene zur robusten Berechnung der Substitutionsquote

 Recyclingmengen erhöhen, bei den Entsorgern ansetzen

 Entsorgungsunternehmen sind gesetzlich aktuell nicht verpflichtet, Wertstoffe in die
 Kreislaufwirtschaft abzusteuern. Wenn die Sortierung von Müllgemischen zu teuer ist,
 ist eine Absteuerung der Wertstoffe als Abfallgemisch namens EBS (Ersatzbrennstoffe)
 in die Abfallverbrennung wirtschaftlicher und wird deshalb bevorzugt. Dies geschieht
 leider in einem derartigen Ausmaß, dass das ökologische Ziel der Kreislaufwirtschaft
 nicht zufriedenstellend genug Überschneidung mit den ökonomischen Zielen der
 Entsorgungsunternehmen aufweist.

 Aus diesem Grund fordern die Jungen Liberalen hier eine gesetzliche Lösung, die die
 Entsorger zu einer prozentualen Mindestabgabe an die dualen Systeme verpflichtet.
 Dies muss im Einklang mit der ebenfalls geforderten Anpassung der kommunalen
 Mülltrennungssysteme geschehen, um die dadurch entstehenden Mehrkosten zu mittigeren.

 Die Gültigkeit des Beschlusses ist auf 10 Jahre begrenzt.

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