Dreikönig – das ist die Zeit für unser liberales Familientreffen, gleichermaßen Jahresauftakt, erste Aufmerksamkeit und deutschlandweite Vernetzung. Und zunehmend auch die Zeit für uns JuLis.
Denn erstens kommen aufgrund des Praxisseminars vom Bundesverband auch Junge Liberale aus ganz Deutschland zum Dreikönigstreffen, zweitens sind wir beim traditionellen Dreikönigs-Landesparteitag inzwischen personell und programmatisch stark vertreten und drittens erreichen unsere Aktionen am Rande des Dreikönigstreffens inzwischen breite mediale Aufmerksamkeit. Das Praxisseminar mit vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten ist inzwischen zur festen Institution im Jahreskalender geworden. Egal ob Programmatik oder Öffentlichkeitsarbeit, Organisation oder Schatzmeistertum: Hier kommt jeder auf seine Kosten – ob mit Diskussionen zum Europawahlprogramm oder einem Vortrag einer Instagram-Influencerin. Neu: Dieses Mal gab es sogar einen Workshop zu Konfliktmanagement, der sich insbesondere an Ombudspersonen richtete – oder solche, die es noch werden wollen.
Damit wären wir auch schon direkt beim Landesparteitag am 5. Januar in Fellbach. Denn die ersten Anträge, die wir hier durchgebracht haben, waren Satzungs- und Geschäftsordnungsänderungsanträge zur Einführung einer Ombudsperson bei der FDP Baden-Württemberg. Wir finden, dass sich das Konzept bei den JuLis und auf Bundesebene der FDP bewährt hat: Einerseits die Kontrolle, dass sich der Vorstand auch an die Beschlusslage hält, andererseits ein erster Ansprechpartner für Konflikte.
Danach ging es erst richtig los: Nach den üblichen Reden und einer unerwartet zügigen Diskussion über das Rahmenprogramm zur Kommunalwahl wurden noch ungewöhnlich viele weitere Anträge diskutiert. Für uns JuLis ging es da zeitweise Schlag auf Schlag, insgesamt sechs inhaltliche Anträge von uns wurden angenommen – das dürfte Rekord sein. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil unser Vorsitzender Valentin Abel in der Aussprache hart mit dem Landesverband ins Gericht ging – so hart, dass die Stuttgarter Zeitung hinterher titelte: „Ein JuLi bürstet gegen den Strich“.
Als erstes war da unser Antrag „Lehrer sind keine Saisonarbeiter“. Dass dieser ganz am Anfang behandelt wird, wussten wir bereits vorab: Auf unsere Initiative hin hat die FDP Baden-Württemberg erstmalig ein vorgezogenes Online-Alex-Müller-Verfahren getestet, durch das die ersten zwei Anträge von allen Mitgliedern bestimmt werden konnten. Dass es einfach respektlos den Lehrern gegenüber ist, wenn befristet angestellte nur Verträge bis Juli bekommen und dann den August arbeitslos verbringen, weil die neuen Verträge erst im September starten, ist wahrscheinlich für jeden verständlich – außer für unsere Landesregierung.
Auf Platz 2 des vorgezogenen Verfahrens landete ein Antrag von unserem JuLi-Mitglied Benjamin Strasser MdB zur Föderalismusreform – ebenfalls angenommen. Beim Alex-Müller-Verfahren auf dem Parteitag dann die nächste freudige Überraschung: Wieder konnten wir uns Platz 1 sichern, dieses Mal mit unserem Antrag „Keine Kennzeichenüberwachung für Fahrverbote!“ Die Jungen Liberalen setzen sich bereits seit 18 Jahren gegen eine automatisierte Kennzeichenüberwachung ein. In Kombination mit dem Reizthema Fahrverbote konnten wir nun auch die FDP Baden-Württemberg davon überzeugen, dass diese tatsächlich keine gute Idee ist – der Landesvorsitzende Michael Theurer MdB hatte in diesem Zusammenhang von einem „grün lackierten Überwachungsstaat“ gesprochen.
Ohne jede Diskussion wurden unsere nächsten beiden Anträge angenommen: „Gebührenfreier Personalausweis“, den wie schon beim Bundeskongress Alena Trauschel für uns begründete, und „Wohnraum für alle“. Letzterer entspricht bis auf die Überschrift unserem Antrag „Schaffe schaffe Häusle baue“ – dieses Mal ohne Potential für innerschwäbische Etymologiedebatten. Gerade nachdem die Generalsekretärin Judith Skudelny in ihrer Rede und in der Begründung des Kommunalwahlprogramms bereits einige Punkte aufgegriffen hatte, durften wir uns über breite Unterstützung freuen.
Nächster JuLi-Antrag auf der Agenda war ein Dringlichkeitsantrag gegen die sogenannte „Automatische Steuererklärung“, die der für Steuern zuständige Vize der Bundestagsfraktion Christian Dürr vorgeschlagen hatte. Eine massive Ausweitung der Datenspeicherung beim Finanzamt halten wir aus Datenschutzgründen für nicht besonders liberal. Obwohl uns viele Delegierte inhaltlich zustimmten, entschied sich der Parteitag letztlich für die Verweisung an den Landesfachausschuss Wirtschafts- und Finanzpolitik. Verständlich – will man doch vor der Aufstellung der Bundesliste für das Europaparlament am 27. Januar keine größeren Konflikte mit anderen Landesverbänden riskieren.
Unseren nächsten JuLi-Antrag „Sicherheit in der Informationstechnik“ brachte für uns Timo Breuninger ein – hier geht es darum, dass es europäische Mindeststandards für IT-Produkte geben soll, denen sich Hersteller freiwillig verpflichten können; ähnlich wie beim CE-Siegel. Nach kleineren redaktionellen Änderungen war auch dieser Antrag unstrittig. Gleiches gilt für „Menschenrechte sind nicht verhandelbar, Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien stoppen!“: Auch die FDP Baden-Württemberg ist der Meinung, dass Waffenexporte in ein Krisengebiet mit noch dazu katastrophaler Menschenrechtslage einfach nicht okay sind.
Nach diesem historisch erfolgreichen Parteitag gingen wir guten Mutes zu unserer traditionellen Dreikönigsaktion am Morgen des 6. Januar. Unter dem Motto „Keine Palmen nördlich von Stuttgart“ demonstrierten wir dafür, dass einerseits eine technologieoffene, globale und marktwirtschaftliche Klima- und Umweltpolitik verfolgt wird und andererseits die FDP Klima- und Umweltschutz stärker in den Vordergrund rückt.
Genau dies kündigte Christian Lindner bei seiner Rede dann auch an. Auch sonst kann man mit seinem Auftritt aus JuLi-Sicht mehr als zufrieden sein: Keine Anflüge von Dogwhistling oder Anbieterung an Merz-Wähler, sondern eine durch und durch liberale Themensetzung. Eine Agenda für die Fleißigen – die aber eben sehr breite Bevölkerungsschichten abholt. Eine Agenda für gesellschaftliche Liberalität, für Selbstbestimmung. Überraschend war vor allem die Forderung nach der ersatzlosen Abschaffung des § 219a StGB – bei den JuLis Beschlusslage, bei der FDP bisher heiß umstritten. Wer es verpasst hat: Unbedingt auf YouTube noch anschauen – es lohnt sich! Viel perfekter kann das Dreikönigswochenende kaum laufen. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr!
Roland Fink ist stellvertretender Landesvorsitzender für Programmatik und Leiter eines Abgeordnetenbüros.