Donald Trump wurde 2016 für das Versprechen gewählt, Industrie-Arbeitsplätze in die USA zurückzubringen. Seither verging kaum eine Woche, in der er nicht die wirtschaftliche Stärke anderer Staaten kritisierte oder über eine vermeintliche „Ausbeutung“ der USA twitterte.
Mit einer zerstörerischen Außenpolitik und der „America First“-Ideologie versucht er, die USA zu neuer industrieller Stärke zurückzuführen. Stets auf den eigenen Vorteil und vermeintliche bessere Deals bedacht, zerstört Donald Trump bestehende Verträge und ignoriert grundlegende Prinzipien des euroatlantischen Wohlstands: freien Warenverkehr und faire Wettbewerbsbedingungen.
Im besonderen Fokus steht dabei die Volksrepublik China, mit der Trump aktuell im offenen Streit liegt. Die gegenseitige Verhängung von Importzöllen auf Produkte im Wert von mehr als 360 Mrd. US-Dollar scheint noch nicht genug. Anfang Juni drohte der US-Präsident mit weiteren Strafmaßnahmen und heizte den Konflikt weiter an. Dabei pokert der amerikanische Präsident hoch. Der bilaterale Warenaustausch hatte 2017 einen Wert von gut 700 Mrd. US-Dollar. US-Exporte nach China sichern rund 1,8 Mio. Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, in Dienstleistungen und weiteren Industrien.
Doch die Entwicklungen seit Trumps Amtsantritt zeigen vor allem eins: Protektionismus und Populismus schaffen keine Arbeitsplätze. Das Economic Policy Institute schätzt, dass durch die auf Aluminium und Stahl verhängten Zölle lediglich 300 direkte und 2000 indirekte Arbeitsplätze geschaffen wurden – bei einem wirtschaftlichen Schaden von gut 800.000 US-Dollar pro neuem Arbeitsplatz!
Diese Argumente stoßen beim US-Präsidenten auf taube Ohren. Auch, weil seine nationalistische Ideologie Nachahmer in Mitteleuropa findet. Sowohl der tschechische Premier Andrej Babis als auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán senden offen nationalistische und protektionistische Töne aus. Aber auch, weil der Präsident in seiner brüsken Art richtige und wichtige Punkte anspricht, die im Umgang mit China selbstverständlich werden sollten: Die stärkere Öffnung des chinesischen Markts für ausländische Unternehmen, ein Ende staatlich subventionierter Exporte, die Abkehr vom erzwungenen Technologietransfer und besseren Schutz gegen den Diebstahl von geistigem Eigentum.
Vor diesen Herausforderungen stehen auch deutsche Firmen, die in China aktiv sind. Daher fällt insbesondere der EU nun eine Schlüsselrolle in der Ausgestaltung eines fairen Handelssystems zu. Denn gegenseitige Zollschranken und abgeschottete Märkte oder gar der Wegfall des amerikanischen oder chinesischen Marktes hätte für deutsche Unternehmen gravierende Nachteile. Es ist daher auch im deutschen Interesse, eine gemeinsame europäische Antwort auf diese Herausforderungen zu entwickeln.
Dazu bedarf es vor allem Investitionen in die Zukunft. Eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur – analog wie digital – verbindet heimische Unternehmen mit globalen Konsumenten und ermöglicht erst die Erschließung neuer Märkte. Eine steuerliche Forschungsförderung setzt zusätzliches Kapital für die Erforschung und Entwicklung innovativer Methoden und Produkte frei. Dies ist nötig, um Deutschlands und Europas Wirtschaft auch morgen wettbewerbsfähig zu halten.
Doch alles steht und fällt mit den Menschen. Ohne qualifizierte Fachkräfte bleiben Innovation und Produktion auf der Strecke. Kurzfristig kann der schon bestehende Mangel durch ausländische Arbeitnehmer ersetzt werden. Mittel- bis langfristig ist das aber keine Option. Deutschland und Europa können es sich nicht leisten, die hellsten Köpfe beispielsweise vom Westbalkan oder aus Afrika abzuwerben. Dadurch fallen diese Regionen wirtschaftlich immer weiter zurück, mit allen gravierenden Folgen, von steigender Jugendarbeitslosigkeit und Verarmung bis zu neuen Fluchtbewegungen in die EU. Die Stärkung des dualen Bildungssystems in Deutschland sollte daher ebenso Priorität genießen wie die Entwicklung freier, fairer und verlässlicher Handelsabkommen.
Mit Blick auf China sind die für 2020 geplante Verabschiedung eines Investitionsschutzabkommens und die zugesagte Öffnung des chinesischen Marktes wichtige erste Schritte. Doch dabei dürfen wir es nicht belassen. Stattdessen sollte die EU ein modernes und umfangreiches Handelsabkommen vorantreiben, um die wirtschaftlichen Beziehungen noch zu vertiefen, durch transparente Regeln für (digitale) Dienste, den Schutz des geistigen Eigentums und die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen.
Für die exportstarke und mittelständisch geprägte Wirtschaft unserer Region rächt es sich nun, dass EU-Kommission und Bundesregierung im Januar 2017 das TTIP-Abkommen auf Eis legten. Umso wichtiger ist es, die Chance auf ein „TTIP Light“ zu nutzen. EU-Handelskommissarin Malmström führt Gespräche mit den USA, um ein limitiertes Freihandelsabkommen zu erreichen. Dieses soll alle Industriegüter umfassen und die gegenseitigen Zollschranken komplett abbauen.
Mit der Ratifizierung des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens CETA kann sich die Bundesregierung zeitnah und eindeutig gegen protektionistische Tendenzen positionieren. Damit würde sich Deutschland zum Abbau von Handelshemmnissen bekennen und gleichzeitig unsere hohen Standards als Rechtsgrundlage verteidigen und der Globalisierung faire Regeln geben. Ein Signal, das wir selbstbewusst an unsere wichtigsten außer-europäischen Handelspartner schicken müssen!
Renata Alt MdB ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und Obfrau im Unterausschuss Zivile Krisenprävention.