Der Bodensee ist einer der größten Seen Europas. Das Vierländereck ist eng mit der Geschichte Europas verbunden und wurde stark durch die europäische Einheit geprägt. Allerdings befindet sich die europäische Union in einer politischen Dauerkrise. Der einschneidende Brexit, die nicht enden wollende Eurokrise und die Flüchtlingskrise fordert die Gemeinschaft existenziell heraus. Die fehlende Lösungskompetenz auf nationaler und europäischer Ebene führt zu einem Vertrauensverlust gegenüber dem europäischen System und dem symptomatischen Aufstieg der Populisten von rechts und links. Dies zeigte sich bei der Landtagswahl 2016, bei der 12,4% der Wahlberechtigen im Bodenseekreis die AfD wählten. Aber weshalb wünschen sich signifikante Anteile der Bevölkerung eine Renationalisierung und wie würde sich eine Renationalisierung auf den Bodenseekreis auswirken?
Die EU ist der Versuch, durch Handel und Zusammenarbeit, Frieden zwischen den europäischen Völkern zu stiften und den europäischen Einfluss auf der Weltbühne zu stärken. Am nördlichen Seeufer des Bodensees hat man einen tollen Blick auf die Alpen der Schweiz und Österreichs. Die beiden an Deutschland angrenzenden Nationen sind wichtige Partner im Bereich Handel, Sicherheit und Tourismus. Der Austausch von Waren und die Personenfreizügigkeit funktioniert dank Schengen reibungslos, weshalb im Jahr 2015 Deutschland mit seinem Nachbarn Waren im Wert von über 170 Milliarden Euro austauschte (Quelle: Auswärtiges Amt). Dieser Austausch würde durch das Ende der EU massiv eingeschränkt werden.
Auch kulturell sind sich die Bodensee-Alemannen und Schweizer bzw. Österreicher näher als Konstanzer und Kölner. Und das, obwohl die Schweiz nicht einmal Mitglied der EU ist. Die Stadt Konstanz und andere Gemeinden an der Grenze profitieren vom Stand des Schweizer Franken, der viele Schweizer zum Einkaufen auf der deutschen Seite bewegt. Vorarlberg besitzt die schönsten Skigebiete in der Region und mit Bregenz beherbergt das österreichische Seeufer die weltbekannten Bregenzer Festspiele. Ohne Schengen wäre ein schneller Sonntagsausflug zum Skifahren oder der Besuch der Bregenzer Festspiele nicht einfach möglich. Der Bodensee ist bekannt für viele wassersportlichen Aktivitäten und die Bodenseedampfer. Der See ist ein internationales Gewässer und die Grenzen verlaufen quer durch den See. Durch die Zusammenarbeit der drei Anrainer ist es möglich, mit dem Boot den ganzen See zu befahren. Das Wetterwarnsystem, das im Rahmen eines europäischen Projekts entstand, unterstützt Segler und Angler. Durch die Kooperation der Wasserschutz- und Rettungsbehörden konnte vielen Menschen das Leben gerettet werden. Braucht beispielweise die Schweizer Polizei Unterstützung bei der Suche von vermissten Schwimmern, sind die Boote der deutschen und österreichischen WAPO sofort zur Stelle.
Natürlich läuft es nicht in alle Bereiche perfekt. Die grenzüberschreitende Kriminalität hat durch die Grenzöffnung zugenommen und die Aufklärung der Verbrechen endet an den Grenzen des Nationalstaat. Doch kann es keine Lösung sein die Grenzen zu schließen! Wir benötigen daher endlich eine echte europäische Polizei mit grenzüberschreitenden Kompetenzen.
Europa ist eine Werte- und Schicksalsgemeinschaft, der zwar enormen Herausforderungen bevorstehen, aber die Lösung dieser Probleme sich in jedem einzelnen Fall lohnt.
Von David Fischer und Niklas Kornel.