Juliette: Seit gut drei Jahren sind Sie aus dem JuLi-Alter raus. Vermissen Sie uns JuLis denn manchmal?
CL: Die JuLis kann ich ja gar nicht vermissen! Zum Glück sind die JuLis im Wahlkampf präsent und sorgen gewissermaßen als Aufsichtsräte der FDP weiterhin dafür, dass der Laden in Bewegung kommt und innovativ bleibt. Es ist also nie ein Gefühl der Trennung entstanden.
Juliette: Welche Ämter hatten Sie selbst bei den JuLis früher?
CL: Ich war einige Jahre Kreisvorsitzender im Rheinisch-Bergischen Kreis, damals ein Vorgänger von Johannes Vogel, der mir dann als Kreisvorsitzender nachfolgte. Und ein Jahr lang war ich Beisitzer im nordrhein-westfälischen Landesvorstand.
Juliette: Mit welchen Themen würden Sie denn heute als JuLi in die FDP gehen?
CL: Schwierige Frage. Ich kann mir ja als FDP-Vorsitzender die Themen nicht bestellen, um mir selbst das Leben schwer zu machen.
Die JuLis haben Kontakt zu Themen ihrer Generation, sie haben eine langfristigere Perspektive, da sie länger noch berufstätig sein werden und später erst in den Ruhestand gehen werden. Und sie haben über Ausbildung und Studium natürlich auch Kontakt zu aktueller Wissenschaft. Und das bei der FDP einzuspeisen ist gerade bei Themen wie Bildung und Digitalisierung wichtig!
Juliette: Hat Ihnen schon mal jemand gesagt: „Das haben Sie gut gemacht“?
CL: Witzigerweise kam das nach dem Wahlwerbespot aus NRW tatsächlich relativ oft vor. Dass Leute mir eine Mail schreiben und wirklich sagen „das hast du gut gemacht“ – das ist natürlich sehr motivierend und freut mich! Das war zwar nicht die Absicht dieses Spot gewesen, aber hat ein Stück weit meinen Alltag versüßt und erleichtert.
Juliette: Inwiefern können sich Politiker leisten im Wahlkampf auch mit unbeliebten Themen anzugreifen?
CL: Das hören Sie ja in jeder meiner Hörsaalveranstaltungen, in denen ich klar zu unseren Positionen und Meinungen stehe, egal wie es ankommt. Und das honorieren Menschen auch. Jeder weiß, dass man nie alle Positionen von einem anderen Menschen oder gar einer Partei gut finden kann. Also die Leute machen sich einen Eindruck von der Glaubwürdigkeit und von den Argumenten, die jemand hat. Es gibt ja Argumente, die man akzeptieren kann, ohne dass man sie teilt. Und da schätzt man vielleicht die Klarheit und Offenheit, die jemand hat.
Juliette: Die FDP hat sich in den letzten Jahren ja rundumerneuert und eine frische Kampagne erhalten. Wenn man jedoch bei manchem FDP Kreisverband zur Mitgliederversammlung geht, hat man dort nicht zwingend immer den Eindruck einer frischen hippen Partei. Haben wir hier nicht eine Diskrepanz?
CL: Den Eindruck könnte man haben! Ich habe nur festgestellt, dass die erfahreneren älteren Parteifreunde sich genauso enthusiastisch in die Kampagne einschalten wie die Jüngeren. Und vielleicht war es auch richtig und gut, dass wir uns als Gesamtpartei so neu aufgestellt haben. Weil vielleicht auch viele Ältere sich von mancher überkommener Idee oder alter Methodik und vielleicht nicht so lockerer Art des Auftretens gestört gefühlt haben. Also ich glaube nicht dass das eine Generationenfrage ist, sondern eher eine Charakterfrage.
Juliette: Zwei persönliche, unpolitische Fragen: Erstens welche Sneaker tragen Sie denn am liebsten Herr Lindner?
CL: Wahrscheinlich trage ich am liebsten Adidas Stan Smith.
Juliette: Zweitens: Ihre liebste Zigarren-Marke?
CL: Bei Zigarren bin ich da nicht so festgelegt. Aber sich die Montecristo No. 2 einmal in der Woche zu gönnen ist schon ein kulturell erhebendes Geschmackserlebnis.
Juliette: Zigarre rauchen ist ja schon fast klischeehaft…
CL: Das Klischee ist nur in Ihrem Kopf! Wenn Sie sich ansehen, wer heutzutage Freude an Zigarren hat, sind das heute vor allen Dingen Jüngere, die das schätzen.
Und niemals käme ich auf die Idee, persönliche Genüsse und Leidenschaften daran festzumachen, was andere darüber denken! Wenn der Vorsitzende der Partei von Freiheit und Individualität damit anfangen würde sich daran zu orientieren, was andere für Erwartungen haben, dann würde die FDP ihre Glaubwürdigkeit verlieren.
Juliette: Herr Lindner, haben Sie Dank für das Interview.
Von Jan Olsson.