26.03.2021

Die Bekämpfung von Antisemitismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg verurteilen jeglichen welt- und deutschlandweiten Antisemitismus sowie Antizionismus. Jegliche physische und bewusste oder unbewusste verbale Gewalt ist in einer offenen, liberalen Gesellschaft nicht hinnehmbar. Deutschland hat als Staat die Aufgabe, Sicherheit von Juden zu garantieren.

Neben dem islamisch motivierten Antisemitismus treten auch der völkisch-rassistische Antisemitismus, israelbezogene und anti-judaistische Antisemitismus in der Bevölkerung in Deutschland und Europa verstärkt auf.

Bildungsauftrag

Antisemitismus und -zionismus muss in der Schule als verpflichtendes, über die Fächergrenzen hinweg angelegtes Thema intensiver behandelt werden. Viel zu oft wird stattdessen die Geschichte der Diskriminierung von Juden auf den Holocaust reduziert. Der Zusammenhang des Nahostkonflikts mit israelbezogenen Antisemitismus muss ebenfalls Bestandteil des schulischen Curriculums sein. Zudem muss eine bessere Medienkompetenz dahingehend gefördert werden. Dabei muss vermittelt werden, dass die Politik des Staates Israel und das Judentum jedoch nicht gleichzusetzen sind. Gedenktage wie der 27. Januar (Holocaustgedenktag) sind in der Schule ebenfalls stärker zu thematisieren. Der von uns bereits vertretene LER-Unterricht (Lebenskunde-Ethik-Religion) halten wir hierzu für ein unterstützendes Konzept.

Wir fordern zudem verstärkt, den in ein entsprechendes Unterrichtskonzept eingebauten Besuch einer Holocaustgedenkstätte durchzuführen. Dabei ist auf eine angemessene pädagogische Vor- und Nachbereitung verstärkt zu achten. Die Länder sollen diese Fahrten nach Vorbild der NRW-Landesregierung mit finanziellen Mitteln stärker fördern.

Der Austausch soll ebenfalls durch den Aufbau eines deutsch-israelischen Jugend- und Bildungswerks gefördert werden. Dieses soll kulturellen Bildungserwerb sicherstellen, Ressentiments vorbeugen sowie einen regelmäßigen durch den Bund geförderten Schüleraustausch zwischen deutschen und israelischen Schülerinnen und Schülern ermöglichen. An Hochschulen sind entsprechende Lehrstühle und Forschungsprojekte zum Thema Judentum und Israel verstärkt einzureichen und bestehende besser finanziell auszustatten.

Lehrer und Erzieher sind für Antisemitismus zu sensibilisieren. In der Ausbildung der Lehrkräfte und durch verpflichtende Weiterbildungen soll auch der Umgang mit antisemitischen Vorfällen geprobt werden. Entsprechende Vorfälle an Schulen, aber auch an Universitäten oder in Unternehmen, sind durch Gespräche mit Schülern, Eltern und Lehrern und Betreuung der Opfer durch Pädagogen und ausgebildete Erzieher bspw. auch in Kooperation mit Jugendzentren aufzuarbeiten. Hierbei muss der Schutz der Opfer an erster Stelle stehen. Bei antisemitischen Vorfällen seitens Lehrkräften oder Erziehern, sollte es angestrebt werden, diese dauerhaft vom Lehrbetrieb zu entfernen bzw. zu entlassen.

Konsequenzen für die Politik

Die längst überfällige Einrichtung eines Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung begrüßen wir ausdrücklich. Zusätzlich fordern wir jedoch, dass dieser bei der Bundesregierung entsprechende Forschungsvorhaben zur genauen Analyse der Motivation und Herkunft antisemitischer Täter und des organisierten Antisemitismus durchbringen wird.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg begrüßen auch die Einrichtung des Meldesystems MIRA (Melde, Informations- und Recherchestelle gegen Antisemitismus) für antisemitische Vorfälle. Damit lässt sich herausfinden, wo Antisemitismus beispielsweise auch an Schulen vorkommt. Dieses soll nach Vorstellung der Jungen Liberalen Baden-Württemberg genauer als das bisherige polizeiliche Meldesystem sein und auch antisemitische und judenfeindliche Übergriffe dokumentieren, die gar nicht erst zur Anzeige gebracht werden würden oder sich unterhalb der Strafbarkeitsschwelle abspielen.

Die Unterscheidung der verschiedenen Ausprägungen antisemitischer Straftaten (völkisch rassistisch, islamisch motiviert, israelbezogen etc.) muss sich in dem Meldesystem widerspiegeln. Dafür sind insbesondere Polizeianwärter aber auch -beamte in der Erkennung und im Umgang mit Hasskriminalität zu schulen. Die Erarbeitung von Dokumentationsrichtlinien für das Meldesystem sollte hierbei Auftrag des Antisemitismusbeauftragten sein. Die in dem Meldesystem erfassten Daten sind anonymisiert jährlich zu veröffentlichen. Antisemitische Straftaten sollen in Zukunft explizit im Verfassungsschutzbericht ausgewiesen werden.

Alle Gruppen des organisierten Antisemitismus sind vom Rechtsstaat zu verfolgen und zu stellen. Auch der BDS – Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions [dt. “Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen”]) muss als Sinnbild der modernen Form des Antisemitismus entschieden entgegengetreten werden. Deshalb fordern wir, dass alle Träger staatlicher Gewalt Vereinen, die dieser Bewegung angehören oder diese unterstützen, keine Räumlichkeiten oder finanzielle Unterstützung bereitstellen.

Zur Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Landesbehörden ist eine entsprechende Bund-Länder-Kommission mit Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Stellen einzurichten.

Extremismusprävention

Bei der Vergabe von Fördermitteln muss gezielt darauf geachtet werden, zivilgesellschaftliche Träger der Antisemitismusprävention gezielt zu fördern, damit diese ihre wichtige Arbeit in der Bevölkerung fortführen und weiter intensivieren.

Momente der persönlichen Begegnung zwischen Juden und Nicht- Juden halten wir für eine bereichernde Form des interreligiösen Austausches. Des Weiteren sind auch persönliche Begegnungen mit Opfern des Nationalsozialismus in der Aufrechterhaltung der Erinnerungskultur und Vorbeugung des Antisemitismus wichtig.

Es ist auch Aufgabe der Politik, junge Menschen, die in Gefahr stehen, in extremistische Milieus abzurutschen, besser in die Gesellschaft zu (re-)integrieren.

Entsprechende Beratungsstellen, wie es sie schon in manchen Bundesländern gibt, sind in allen Bundesländern einzurichten und besser finanziell auszustatten. Lehrkräfte sind dafür zu sensibilisieren, entsprechende “At-Risk” Jugendliche zu erkennen und die genannten Beratungsstellen zu alarmieren.

Dieser Beschluss ist unbegrenzt gültig.

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